Psychologie
Jeder kennt sie, jeder hat sie, die Psyche; und das sogar in ganz individueller, einzigartiger Weise. Wir sind alle "betroffen", wir unterliegen ihren Gesetzmäßigkeiten. Wie oft haben wir uns schon über uns selbst geärgert und wie oft über andere?
Wir alle haben im Laufe unseres Lebens Vorstellungen und Ideen entwickelt, man könnte auch sagen Theorien gebildet, mit denen wir uns "Gott und die Welt" erklären und warum sich jemand so und so verhält. Wir stellen (aus gutem Grund) Vermutungen an, wie wir einen anderen Menschen einzuschätzen haben, und führen Wahrscheinlichkeitskalkulationen über das zu erwartende Verhalten eines anderen durch. Kurz und gut: Wir "machen" Psychologie. Nicht immer kommen alle dabei zu denselben Ergebnissen und der Psychologe fragt sich: "Was läßt sich über die Psyche mit welcher Bestimmtheit sagen?"
Psychologie als Wissenschaft
"Die Psychologie ist die Wissenschaft vom Verhalten und Erleben des Menschen.", so lehrte es uns Professor Tent an der Philipps-Universität in Marburg. Und im folgenden führte er aus, daß mit dem Begriff "Wissenschaft" schon sehr viel gesagt sei, da das, was wir heutzutage unter Wissenschaft verstehen, wohldefiniert ist, insbesondere was ihre Methoden anbetrifft, wie auch die Art der Aussagen, die sie trifft.
Die moderne Psychologie ordnet sich ganz entschieden den Naturwissenschaften zu, zu Physik, Chemie, Biologie, Medizin..., und dort hat sie sich seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert als eigenständige Wissenschaft auch fest etabliert. Sie ist also nicht den Geisteswissenschaften zuzuordnen, wie man vielleicht irrtümlich annehmen könnte, hat sie ja immerhin den Geist zum Forschungsgegenstand, also die Psyche, oder das Seelische. Oder wie wollen wir sagen? Was genau?
Die Psyche
Die Wissenschaft liebt präzise Definitionen und so hat es mich zu Beginn des Studiums noch überrascht, daß es für die Psyche auch in der Wissenschaft letztlich keine wirklich befriedigende Definition gibt. Das liegt, vordergründig betrachtet, in der Natur der Psyche selbst begründet: sie ist nicht stofflich. Wir können sie nicht im Mikroskop anschauen und beobachten (etwas, das Wissenschaftler ganz besonders gerne tun). In eher esoterischen Kreisen spricht man da vom Feinstofflichen. Es hat bei mir lange gedauert, bis ich mir darunter etwas vorstellen konnte. Gemeint ist offenbar dasjenige, nicht an Materie gebunde Etwas, das den Lebenden vom Toten unterscheidet; das hieße der Geist (oder die Geister (in unseren Köpfen)), noch besser das Leben selbst, das wir erleben.
Und selbst wenn die Psyche stofflich wäre, was würde das nutzen? Hintergründig betrachtet denke ich da wie C. G. Jung, der im Jahre 1931 sagte:
"Wir überschätzen die materiellen Ursachen und meinen, jetzt erst hätte man die richtige Erklärung, weil wir uns einbilden, der Stoff sei uns bekannter als ein "metaphysischer" Geist. Der Stoff ist uns aber genau so unbekannt wie der Geist. Über die letzten Dinge wissen wir nichts." C. G. Jung
Gelöst ist es nicht, das "Leib-Seele-Problem". Der Leib läßt sich anschauen, und unter dem Mikroskop anschauen lassen sich die komplexen biologischen Strukturen, in denen sich das Phänomen "Psyche" prozeßhaft vollzieht, wir nennen sie das zentrale Nervensystem (ZNS). Dies wird in der Neurophysiologie auch ausgiebig getan. Unser menschlicher Organismus hat mich schon immer fasziniert. Aufgebaut auf dem Zusammenspiel von abermilliarden unterschiedlich spezialisierter Zellen (unser Gehirn bspw. besteht aus ca. 25 Milliarden Nervenzellen (R.F. Schmidt), trägt er einerseits unseren Geist und ist gleichzeitig ein effektives Werkzeug, um uns in dieser Welt zu bewegen, Informationen über sie aufzunehmen und Einfluß auf sie auszuüben, mit ihr zu kommunizieren (sofern alles gesund ist und dem Bauplan entsprechend funktioniert). Grund genug sich zu wundern.
Und die Psyche? Zunächst ist es ja so, daß jede/r Angehörige der Spezie homo sapiens, Sie und ich und auch alle Wissenschaftler, seine eigene unmittelbare, subjektive Erfahrung mit der Psyche macht (darin liegt für mich der Reiz, sich mit ihr zu befassen). Wir kennen psychische Erlebniszustände wie z.B. Angst, Ärger, Freude oder Schmerz aus eigener Erfahrung. Wir alle wissen, was "schlafen" ist und was "wach sein" meint, was "hören" ist und was "sehen", weil wir alle, die das können, es auch tun tagein tagaus. Für den Psychologen ist diese Selbsterfahrung - einmal abgesehen von dem "göttlichen" Geschenk des Lebens als solchem - natürlich als große Hilfe für seinen Forscherdrang sehr willkommen, obwohl sie auch die Gefahr von Voreingenommenheiten in sich birgt. Denn objektiv soll sie sein, die Erkenntnis, nach der die Wissenschaft strebt, objektiv und verifizierbar (nachprüfbar).
Eine der Methoden, derer sich die Psychologie bedient, um sich trotz dieser Schwierigkeiten ihrem Forschungsgegenstand zu nähern, ist die der Beschreibung. Die Psyche wird beschrieben anhand ihrer grundlegenden Aufgaben im Lebensprozeß. Diese psychischen Elementarfunktionen werden erkannt im Bewußtsein, mit seinen unterschiedlichen Zuständen von Wachheit (Vigilanz), in der Aufmerksamkeit, dem Gedächtnis, der Orientierung, der Wahrnehmung, dem Denken, der Affektivität, dem Antrieb, dem Ich-Erleben und in der Intelligenz. Ich bin überzeugt, daß Sie sich unter all dem etwas vorstellen können, auch wenn keine dieser Funktionen direkt beobachtbar ist (es sei denn an sich selbst).
"Bleiben Sie immer auch der Wissenschaft verpflichtet!", so mahnte uns Professor Tent zum Abschied anlässlich der Feierlichkeiten zur Überreichung des Diploms. Und das tue ich. Wir haben nichts besseres, um Wissen zu "schaffen".
Psychotherapie (wissenschaftlich)
Die Psychologie kennt äußert vielfältige Fragestellungen von denen die nach der psychischen Gesundheit (bzw. den psychischen Störungen) nur eine unter vielen ist, wenn sicherlich auch keine unbedeutende und eine für uns alle relevante. Damit befaßt sich die sogenannte "Klinische Psychologie", die sich zum einen der Frage zuwendet: "Welche psychischen Störungsbilder finden wir vor? (Diagnostik) und zum anderen der Frage: "Können wir diese erfolgreich behandeln und falls ja, wie?" (Psychotherapie).
Zunächst will ich darauf hinweisen, daß psychische Symptome nicht zwangsläufig psychisch bedingt sein müssen, sondern, wie sich wohl jeder leicht vorstellen kann, organische Ursachen durchaus psychische Beeinträchtigungen der unterschiedlichsten Art hervorrufen können (z.B. Schädel-Hirn-Traumen). Vor Aufnahme einer psychotherapeutischen Behandlung ist es daher unbedingt erforderlich, eine mögliche organische Verursachung der Symptomatik abzuklären, da in diesem Falle eine psychotherapeutische Behandlung keinen Erfolg verspricht.
Zu betonen ist weiterhin, daß sich der Begriff "Psychotherapie" per Definition ausschließlich auf die Behandlung psychischer Beschwerden mit "psychischen Mitteln" bezieht und eine Medikation demzufolge keine psychotherapeutische Behandlung darstellt.
"Psychische Mittel", "was kann das schon sein?" mag sich der eine oder die andere zweifelnd fragen, aber, man sollte sich da nicht vertun. Es gibt Vertreter der Auffassung, daß es keine größere Macht im Universum gibt, als die des Geistes. Die psychischen Mittel, über die wir verfügen, können wir im wesentlichen mit den oben genannten "psychischen Elementarfunktionen" gleichsetzen, wer wollte auf deren aktive Nutzung verzichten?
Und wer mit mir die zweckoptimistische Betrachtungsweise teilt, daß "die Mittel, die ein Individuum benötigt, um angestrebte Veränderungen zu erreichen", bereits in diesem vorhanden sind (vgl. 4. Grundannahme im NLP), wird auch zu der Folgerung finden, daß psychische "Beschwerden" oft genug darauf hindeuten, daß wir die uns zur Verfügung stehenden "psychischen Mittel" unzweckmäßig einsetzen. Dies ist der weitaus häufigere und zugleich der günstige Fall. Dann kann man lernen, dies zu verbessern, sofern man sich denn um sein persönliches Wachstum bemüht. Es ist, wie es immer war, es kommt auf uns selbst an. Das ist oft nicht leicht, aber wunderbar!